München 3. Oktober 2022. Kommentar von Dr. med. Ulf Riker, Internist, 1. Vorsitzender des DZVhÄ-Landesverbandes Bayern, zur „Show“ MAITHINK X im ZDF neo.

Krieg in der Ukraine: tausendfaches Leid, Vergewaltigungen, Raketenbeschuss von lebenswichtiger Infrastruktur, Bombardierung ziviler Wohngebiete, sinnlose Zerstörung! Menschen, junge und alte, kranke und gebrechliche, in die Flucht getrieben, ihres Rechtes auf  körperliche und seelische Unversehrtheit beraubt, werden Opfer einer zynischen und menschenverachtenden Politik. Vor diesem Hintergrund darf eine Wissenschaftsjournalistin in ZDFneo mit Klamauk und erhobenem Zeigefinger munter von Zerstörung – diesmal der Homöopathie – sprechen, und zwar im gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Fernsehen! Dass  sie dabei vermutlich deutlich unter ihrem wissenschaftlichen Niveau bleibt wäre noch das geringste Übel. Okay, auch ein Leben ohne Homöopathie ist natürlich denkbar, ein Leben ohne ein schützendes Dach über dem Kopf und eine funktionierende Trinkwasser- oder Elektrizitätsversorgung nur schwerlich. Aber Zerstörung bleibt, was sie ist: der aggressive und destruktive Raub dessen, was einem Menschen wertvoll ist.

In Deutschland und weltweit gibt es Millionen Menschen, die Homöopathie als Ergänzung oder Alternative im Krankheitsfall wünschen, weil sie eigene positive Erfahrungen gemacht haben. Wer Homöopathie zerstören will erhebt sich über Wünsche, Wertvorstellungen und Erfahrungen Anderer -aber mit welchem Recht eigentlich? Imperialistisches Denken und Handeln schert sich nicht um Menschen und ihre Rechte auf Glück und Unversehrtheit. Und die selbstgerechte Phalanx der Homöopathiegegner:innen hat nur das Ziel vor Augen, eine individuelle Medizin zu zerstören, ohne im Gegenzug auch nur eine einzige Alternative anzubieten. Machtbesessenheit kollidiert mit der Bereitschaft, die Würde des Individuums wert zu schätzen, und eine „Show“ wie die von Mai Thi dient ohne Zweifel dem Ego des „Stars“, der Einschaltquote des Senders und dem gehypten Mainstream-Narrativ einer Weltsicht, in der Naturwissenschaft zur Religion mutiert. Aber die „Zerstörung“ der Homöopathie als Methode hat ihre Kollateralschäden: das Vertrauen der Patienten in eine Medizin wird zerstört, die sich über Patientenwünsche – mal kaltschnäuzig, mal mit Klamauk – hinwegsetzt. Zerstört wird auch die Arzt-Patient-Beziehung, die – wie überall, also auch im Zusammenhang mit Homöopathie –  auf gewachsenes Vertrauen aufbaut. Zerstörung also: Zerschossene Mauern des Miteinanders, gesprengte Fundamente einer 200-jährigen Erfahrung, und der „Erfolg“? Einige bestellte Lacher im Publikum, das Klatschen von ein paar  Claqueuren und vielleicht ein paar knallende Sektkorken in den höheren Etagen der Pharmazeutischen Industrie… Wars das wert in Zeiten von Krieg und Zerstörung?