Homöopathische Ärztinnen und Ärzte sind ausnahmslos naturwissenschaftlich sozialisiert: das Studium der Medizin bildet ein stabiles Fundament für alles, was wir später in Praxis oder Klinik tun. Individuelle Neigungen, persönliche Lehrer und eigene Lebenserfahrungen prägen unsere Ausrichtung in diese oder jene Richtung: wir werden Chirurgin oder Radiologe, Hausarzt oder Fachärztin, suchen die Forschung, die Klinik oder eine Landarztpraxis, wenden uns der Sportmedizin, der Hepatologie oder der Homöopathie zu.

Aus unserem Tun und Lernen erwächst Erfahrung, die das Wissen aus Studien ergänzt und deshalb auch wesentlicher Bestandteil einer evidenzbasierten Medizin ist. Erfahrung ist der besondere Schatz aller Ärzte, auch der homöopathischen.

Wissen und Erfahrung verschmelzen im Sinne von Integration und Synergie aufs Engste miteinander. So werden sich spezialisierte Expertise und intuitive Wahr-Nehmung ebenbürtig. Im Bereich der Homöopathie hat das Wahrnehmen des Phänomenologischen einen eigenen Stellenwert.

Handeln entlang konkreter Leitlinien und Suchen nach neuen Antworten sind kein Widerspruch, sondern haben ihren je eigenen Wert und eine spezielle berufliche Dynamik. Was phänomenologisch auffällt ist nicht weniger bedeutsam als pathophysiologische Zusammenhänge; das Eine schließt das Andere nicht aus, zumal Beides in ein und demselben Patienten zu Tage tritt.

Wir stehen als Ärzte auf zwei Beinen: auf dem „Standbein“ der konventionellen Medizin und dem „Sprungbein“ einer zusätzlichen Kompetenz. Zwei Beine ergeben einen sicheren Stand.

Hieraus resultiert auch Therapie-Sicherheit für Patienten: wir kennen Verläufe und wissen um mögliche Komplikationen, wir kennen die Möglichkeiten und die Grenzen unserer Methoden. So wird adäquates Reagieren auch in akuten oder schwierigen Situationen möglich.

Wir überreden unsere Patient*innen nicht zur Homöopathie, sondern stellen die Möglichkeiten und Grenzen dieser Heilweise dar und bieten unsere Hilfe an. Patientinnen und Patienten wählen Homöopathie in freier Entscheidung. Unter Umständen raten wir auch von einer homöopathischen Behandlung ab, wenn ein Krankheitsbild andere Therapieentscheidungen notwendig macht.

Homöopathische Ärzt*innen arbeiten selbstverständlich mit Kolleg*innen anderer Fachrichtungen zusammen, sobald ein Krankheitsbild Interdisziplinarität erfordert. Wir lehnen Abgrenzung aus Konkurrenzdenken oder Hybris ab: wir sind Ärzt*innen wie alle Kolleg*innen aus anderen Fachbereichen auch.

Wir sind uns dessen bewusst, dass es überall in der Medizin Placebo-Effekte gibt, also auch im Bereich der Homöopathie. Sorgfältige Ausbildung, gepaart mit wachsender Erfahrung gibt uns in vielen Fällen die Möglichkeit, zwischen Placebo-Effekt und homöopathischer Arznei-Reaktion zu unterscheiden.

Viele von uns wünschen sich mehr wissenschaftliche Validierung unserer Ergebnisse sowie mehr Forschung, um Erkenntnisse zur Wirkweise der Homöopathie zu gewinnen. Ohne externe Hilfe und Unterstützung ist das aber nicht in ausreichendem Umfang möglich. Daher sind wir für Support aus Politik und Wissenschaft dankbar.

Wir bieten mehr als subjektives Wohlbefinden: bei zahlreichen Krankheiten lässt sich der Effekt der Homöopathie auch anhand objektiver Kriterien nachvollziehen. Bei konsequenter Anwendung ist Homöopathie eine nachhaltige Form der Behandlung: wenn sich die Häufigkeit von Rückfällen oder Komplikationen reduzieren lässt resultiert hieraus längerfristig auch eine Kosteneinsparung  im Gesundheitswesen.

Seit Hahnemann ist Homöopathie möglichst genaue Beobachtung der belebten Natur und ihrer Reaktionen. Heute zeigt uns die Grundlagenforschung an Pflanzen oder in experimentellen Tier-Modellen, dass Homöopathie auch in höherer Potenzierung Wirkungen auslöst. Damit bewegt sich Homöopathie auf dem Pfad der Wissenschaft und hat mit Esoterik nicht das Geringste zu tun.

Homöopathische Ärzt*innen befürworten individuelle Beratung und Entscheidung im Zusammenhang mit Impfungen. Homöopath*innen in einen Topf mit womöglich militanten Impfgegnern zu werfen ist Teil der Anti-Homöopathie-Kampagne: deren Ziel ist es, undifferenziert und pauschal Stimmung gegen Homöopathie zu machen. Wahrheit und differenzierende Darstellung bleiben dabei auf der Strecke.

Homöopathie hat, wie jede andere Methode in der Medizin, ihre Grenzen. Diese zu erkennen und zu berücksichtigen ist tägliche Herausforderung für behandelnde Ärzte*innen und Patient*innen. Um diese Herausforderung zu bestehen muss die ärztliche Weiterbildung „Homöopathie“ erhalten bleiben: nur so ist Behandlungssicherheit für Patient*innen gewährleistet.

Wir wollen, dass die Freiheit der ärztlichen Therapieentscheidung im Einzelfall ebenso erhalten bleibt wie die Freiheit der Arzt- und Therapiewahl seitens mündiger Patient*innen. Gerade in Zeiten von Corona erleben wir, wie rasch Freiheiten aufgehoben werden können (oder manchmal müssen) und wie schwierig es ist, Freiheit wieder zu gewinnen.

Dr. med. Ulf Riker, Internist – Homöopathie

Vorsitzender des LV Bayern im DZVhÄ