In der Süddeutschen Zeitung  Nr. 265 vom 16./17.11.2091  /  BAYERN  / schreibt Sebastian Beck einen Kommentar mit der Überschrift “Volle Dosis”  – Ärztinnen und Ärzte aus Bayern schreiben Leserbriefe, die wir hier dokumentieren:

Dr. med. Ulf Riker, Facharzt für Innere Medizin / Homöopathie, 1. Vorsitzender LV Bayern

Volle Dosis Voreingenommenheit! Wenn es um Homöopathie geht, kommt immer nur eine Handvoll selbsternannter Experten zu Wort, dieses Mal wieder Edzart Ernst: Er darf – weil er gegen Homöopathie wettert und das derzeit dem medialen mainstream entspricht – Politiker der bayerischen Staatsregierung für “verrückt” erklären. Seine Position wird unkritisch übernommen, homöopathische Ärzte hingegen werden regelmäßig äußerst skeptisch analysiert. Das ist Messen mit zweierlei Maß.

Volle Dosis Gassensprache! Der Professor aus England darf eine vom australischen Staat in Auftrag gegebene Studie als “ Scheißhausparole der Homöopathie” bezeichnen, weil sie in Teilen zu einem anderen als dem gewünschten Negativergebnis für Homöopathie kommt. Durch Zitieren trägt die SZ ihren Anteil zu einer bislang nur aus sozialen Medien bekannten,  widerwärtigen Verrohung  der Sprache bei. Qualitätsjournalismus, quo vadis?

Volle Dosis Doppelmoral! Der Homöopathie wird Fehlen evidenter wissenschaftlicher Ergebnisse zur Last gelegt. Wenn aber – erstmals – eine wissenschaftliche Studie auch von staatlicher Seite gefordert und gefördert werden soll, dann laufen die angeblich so wissenschaftlich orientierten Homöopathie-Skeptiker dagegen Sturm. Bedeutet Wissenschaft, dass nur das untersucht werden soll und darf, was bereits zweifelsfrei erwiesen ist?

Volle Dosis Zynismus! Antibiotikaresistenzen bedrohen uns alle. Potentielle, historisch und praxisrelevant dokumentierte Optionen aus ideologischen Gründen a priori auszuschließen ist nicht Patientenschutz, sondern menschenverachtend.

Dr. Claudia Rehfueß, Augenärztin und Homöopathin, München

Kann mir mal jemand die Welt erklären?

Was treibt sie eigentlich wirklich an, einen Edzard Ernst, eine Natalie Grams, einen Christian Lübbers oder einen Werner Bartens, einen derart erbitterten Kampf gegen eine altbewährte Heilmethode wie die Homöopathie zu führen? Profilierungssucht? Geltungsbedürfnis? Rechthaberei? Oder vielleicht Neid auf eine ärztliche Kunst, die sie nicht beherrschen? Was genau will Herr Ernst mit seiner ewigen Polemik, mit seinen sprachlich inzwischen im Niveau peinlich abgerutschten Attacken auf alle Homöopathie-Befürworter erreichen? Ich bin Ärztin und Homöopathin: wenn ich nach Herrn Ernsts Kriterien ausschließlich „streng wissenschaftliche“ Medizin praktizieren würde, dann stünden mir nur 2% der gängigen konventionellen Therapien zur Verfügung, 43% sind nämlich nachgewiesen nur wahrscheinlich wirksam, fast 50% völlig ungewiss in ihrer Wirksamkeit und 7% nachweislich sogar vermutlich bzw. sicher schädlich für den Patienten. Wollen Sie uns dieses miserable „Evidenz“-Zeugnis der Schulmedizin als das „goldene Kalb“ verkaufen, nach dem wir uns alle strecken sollen, Herr Ernst? Ist das Ihr Ernst? Wir Ärzte sind Praktiker und arbeiten an der realen Front von leidenden und kranken Menschen, die nichts anderes wollen, als Linderung und möglichst Heilung – denen sind ihre realitätsfernen Wissenschaftsargumente völlig egal, denn diese haben bewiesenermaßen noch niemals eine Heilung zustande gebracht, oder? Die Homöopathie dagegen kann genau das ohne Leib und Leben zu gefährden (im Gegensatz zu vielen schulmedizinischen Therapien!) und daher müssen verantwortungsvolle Politiker sich von ihrer sinnvollen Einsatzmöglichkeit überzeugen. Zum Wohl ihrer Wähler. Aber geht es hier überhaupt um das Wohl von Menschen oder doch um etwas ganz anderes?