Wäre Springer nicht homöopathischer Arzt, sondern Pianist, dann könnte man ihn – cum grano salis! – in die Nähe von Arturo Benedetti Michelangeli rücken. Was beide ohne Zweifel verbindet ist ein gewisser Hang zum Perfektionismus. Während aber der Italiener zahlreiche Konzerte absagte wegen oft marginaler Mängel an Raum oder Instrument war Springer – trotz, oder gerade wegen vieler Schwierigkeiten im berufspolitischen Umfeld und mancher Ungereimtheiten in der homöopathischen Community  jederzeit präsent! Nie hat er sich gescheut, heiße Eisen anzupacken und für die Homöopathie mit Stringenz und Verve zu kämpfen.

Und so, wie z.B. die weltbekannte Pianistin Martha Argerich in Michelangeli einen Ausnahme-Lehrer gefunden hatte, so verdanken auch zahlreiche aktuell aktive ärztliche Homöopathinnen und Homöopathen ihren besonderen „Schliff“ dem Jubilar: man denke an mehr als zwei Jahrzehnte Lehrtätigkeit beim Augsburger Dreimonatskurs oder an 20 Jahre Lindauer Homöopathie-Tage („Mit Video durch die Materia Medica“), oder an mehr als zwei Jahrzehnte Supervisionstätigkeit für Kolleg:innen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Wer z.B. in Lindau fleißig mitgeschrieben hat kann heute noch wichtige Fingerzeige oder Bestätigungen für korrekte Arzneiwahl in seinen / ihren Aufzeichnungen finden.

Das Setzen von Maßstäben und Qualitätsstandards in der homöopathischen Lehre und Ausbildung gipfelte folgerichtig 2012 in der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes am Bande durch den Bundespräsidenten, überreicht durch den damaligen bayerischen Minister für Gesundheit und Umwelt, Dr. Marcel Huber. In der Laudatio hieß es:

„Dr. Wolfgang Springer ist ein international bekannter und geachteter Arzt und Fortbilder. Durch seinen Einsatz für die Homöopathie in Deutschland hat er sich herausragende Verdienste erworben.“

 Wir alle kennen die Aufforderung Hahnemanns: Machts nach, …! Dem folgten über zwei Jahrhunderte zahlreiche Homöopathische Ärztinnen und Ärzte. Am zweiten Teil von Hahnemanns Appell „…. aber machts genau nach!“ schieden sich indes manchmal die Geister. Springer war und ist zwar auf den ersten Blick kein lupenreiner Vertreter der „Genuinen Homöopathie“ (ein Begriff, der vermutlich erstmals von Dr. Will Klunker geprägt wurde und das ursprüngliche, unverfälschte Konzept der homöopathischen Lehre Hahnemanns beschreiben sollte). Wer Springer kennt, der weiß, dass er nicht zuletzt durch die „Schule“ von Vithoulkas „verkentet“ war. Was freilich nicht bedeutet, dass er sich von Hahnemann „davongemacht“ hätte, im Gegenteil: was heute zu recht wieder mehr ins Zentrum des Interesses rückt, nämlich die Methoden der Arzneifindung mit Hilfe der Methoden des „Symptomenlexikons“ oder eines Clemens von Boenninghausen scheint immer dann glasklar durch, wenn man die Chance hatte, ihm in Praxis oder Supervision „auf die Finger“ oder besser „ins Hirn“ zu schauen: da wird deutlich, dass sein vermutlich photographisches Gedächtnis im Prozess von Anamnese, Hierarchisierung und Arzneiwahl jederzeit eine präzise Arzneikenntnis zur Verfügung stellt, die mit den „Leitlinien“ des homöopathischen Prozedere immer Hand in Hand geht.

Vorgezeichnet ist so der Springer`sche Imperativ:

„Erst das Handwerk, dann das Kunsthandwerk, am Ende die Kunst. Und zwar in genau dieser Reihenfolge!“

Das macht Mut und schützt vor Übermut! Dabei ist ein guter Handwerker oft wertvoller als ein schlechter Künstler. Ein großes Dankeschön also: Dein Einsatz, lieber Wolfgang Springer, für höchste Präzision in der Anamnesetechnik und für glasklar nachvollziehbare Arzneiwahl ist ein Geschenk. Und dies nicht zuletzt noch aus einem ganz anderen, aber derzeit besonders wichtigen Grund: wer schon mal an einer Deiner öffentlichen Supervisions-Seminare teilgenommen hat weiß, wie wenig placebo-wirksam solche Veranstaltungen für den Life-Patienten sein können, der Dir gegenüber sitzt … kurze knappe Fragen, manchmal messerscharfe, unter Umständen auch unangenehme Nachfragen, dann wieder lange Pausen (Gähn!), in denen der ärztliche, „vorurteilslose Beobachter, die Nutzlosigkeit übersinnlicher Ergrübelungen kennend“ ratlos da sitzt, den Energieverbrauch Deines Gehirns ahnt, mit Staunen das nicht nur positiv-suggestive Blättern in dicken Büchern oder das Anbringen einer Randnotiz auf Deiner Aufzeichnung  beobachtet, ein kurzes Fragen in die Runde („haben Sie noch Fragen?“) , und fertig! Am Ende dann eine Fall-Analyse, die für jeden einigermaßen Eingeweihten logisch und nachvollziehbar ist. Das ist hochkonzentriertes Arbeiten, dem erwähnten Tastenvirtuosen nicht unähnlich. Und wenn im Konzertsaal der letzte Ton verklungen und im Hörsaal der letzte Satz gesprochen ist trägt das Gehörte und Erlebte über die Tage und Wochen  des Lebens und der eigenen Praxis : Machts nach, perfektioniert euer Handwerk!

In diesem Sinne (in bescheidener Abwandlung des Dictums keines Geringeren als Willibald Gawlik): Ad multos („im Erlebensfall“: centos!) annos!

Im Namen des DZVhÄ, des Landesverbandes Bayern und aller Kolleginnen und Kollegen aus nah und fern!

Dr. Ulf Riker, Vorsitzender LV Bayern