München, 2. März 2023. Im Forum der Pharmazeutischen Zeitung vom 2.2.23 verlangt der sog. Münsteraner Kreis, die ApothekerInnen sollten sich „auf die Grundlagen ihres Berufes besinnen“, ihr „ethisches Berufsbild ernst nehmen“, sich „nicht länger selbst korrumpieren“ und „jedwede Werbung pro Homöopathie oder ähnliche dubiose Heilmittel“ unterlassen. Der Ton: oberlehrerhaft. Der Tenor: apodiktisch. Der Inhalt des Memorandums: Tatsachen verzerrend und Fakten unterschlagend. Und für Apotheken-KundInnen weder zielführend noch hilfreich!

Einige Beispiele:

  • Wahrheitswidrig ist die Aussage, es existiere kein solider wissenschaftlicher Nachweis dafür, dass Homöopathika eine spezifische Wirkung entfalten könnten. Der entsprechende Quellenhinweis (auf INH – Informationsnetzwerk Homöopathie) belegt das selbstreferentielle argumentative Vorgehen (einer der Autoren des Memorandums ist selbst Initiator und Sprecher dieses INH!). Die aktuelle wissenschaftliche Datenlage wird komplett ignoriert.
  •  Es wird behauptet, „die Wirksamkeit (der Homöopathie) folgt quasi aus einem Verwaltungsakt und nicht aus einem validen Nachweis der Wirksamkeit“. Gemeint ist die formale Anerkennung homöopathischer Arzneien auf Beschluss der Kommission D des BfArM. Selbstverständlich beruht der Nachweis der Wirksamkeit auf einer immer größer werdenden Zahl wissenschaftlichen Untersuchungen. Das Scheinargument entpuppt sich als Logikfehler.
  • Es wird behauptet, den Kunden werde zur Anwendung von homöopathischen Präparaten geraten, „bisweilen sogar anstelle ärztlich empfohlener oder gar verordneter wirksamer Mittel der wissenschaftlich orientierten Medizin“. Der Quellenhinweis macht auch hier deutlich, dass es sich um eine Meinung aus dem Kreis der sog. Skeptiker handelt. Es wird ApothekerInnen mit zertifizierter homöopathischer Zusatzqualifikation pauschal Fehlverhalten unterstellt.
  • Mit Bezug auf die Ähnlichkeitsregel der Homöopathie verwechseln die Autoren Arznei-Prüfungssymptome mit Symptomen „gefährlicher“ Krankheiten. Es wird unterstellt, homöopathische Arzneien könnten im Bereich der Selbstmedikation „schwerste Krankheiten hervorrufen“: das können sie selbstverständlich nicht, sie können nur die Symptome unterschiedlicher Krankheiten imitieren. Hier wird deutlich, dass die theoretische und fachfremde Erzählung der Homöopathie-Gegner weit jenseits dessen liegt, was jede fundierte Auseinandersetzung mit der Materie zwangsläufig klarstellen würde.
  • Die Präparate seien – andererseits – „völlig harmlos“. Also muss ein alternatives Gefahrenszenario konstruiert werden: das „sekundäre Schadenspotential“ durch Zeitverlust beim Einsatz einer „wirksamen Therapie“. Die strukturierte Weiterbildung von ÄrztInnen wurde bereits größtenteils abgeschafft und soll – geht es nach dem Willen der Homöopathie-Gegner – auch im Apothekenbereich abgeschafft werden. Das hat zur Konsequenz, dass PatientInnen, die Homöopathie in Anspruch nehmen wollen zukünftig ohne ärztlich qualifizierte Begleitung und ohne adäquate fachliche Beratung in ihren Apotheken blieben. Münsteraner Kreis und INH leisten damit genau der Gefahr Vorschub, die sie angeblich bannen wollen: ein erhöhtes Risiko für PatientInnen, die zukünftig weniger qualifizierte „Beratung“ suchen müssen und vermutlich auch finden werden.
  • Das INH – teilweise in Personalunion mit dem Münsteraner Kreis – wirbt auf seiner Internetseite mit dem mutmaßlich ergebnisoffenen Slogan: „Wir klären auf – Sie haben die Wahl“. Gleichzeitig aber unternehmen die VertreterInnen Alles in ihrer medialen und politischen Macht stehende, die Freiheit einer selbstbestimmten Therapiewahl seitens der PatientInnen zu untergraben. Das Memorandum „Homöopathie in der Apotheke“ zielt wie andere ähnliche Stellungnahmen darauf ab, Homöopathie vollständig aus dem Angebot des deutschen Gesundheitswesens zu verbannen. Der Slogan der alleinigen Aufklärung bei Erhalt der freien Wahl entpuppt sich somit als reiner Etikettenschwindel.

Mehr als 2200 ApothekerInnen haben bundesweit eine Zusatzqualifikation für Homöopathie bei ihren Apothekerkammern erworben. Sie handeln damit nicht „gegen ihr besseres Wissen“, sondern sind ihrem berechtigten Interesse gefolgt, mehr über Homöopathie zu erfahren und – erst dadurch! – überhaupt über ein „besseres Wissen“ zu verfügen. Die Gegner der Homöopathie missachten nicht nur das Selbstbestimmungsrecht mündiger BürgerInnen, sondern überheben sich auch über andersdenkende und akademisch qualifizierte ApothekerInnen. Eine selbstbewusste Apothekerschaft sollte eine derartige Einmischung von außen in ihre inneren fachlichen Zuständigkeiten entschieden zurückweisen!

Dr. med. Ulf Riker, Internist – Homöopathie – Naturheilverfahren / Vorsitzender Landesverband Bayern im DZVhÄ

Jahrelanger Dozent in Bayern für die Apotheker-Zusatzweiterbildung „Naturheilverfahren und Homöopathie“